François Cavanna
François Cavanna wurde 1923 als Sohn eines italienischen Bauarbeiters und eines französischen Dienstmädchens geboren und wuchs in Nogent-sur-Marne bei Paris auf. Nach dem Abschluss der Volksschule arbeitete Cavanna als Obstverkäufer und Briefsortierer in Paris. Kurz vor dem Einmarsch der Wehrmacht hatte er eine Lehre als Maurer begonnen.
1943 kam der damals 20-Jährige gegen seinen Willen nach Berlin, wo er für das traditionsreiche Elektro-Unternehmen Graetz AG Zwangsarbeit leisten musste. Dort verliebte er sich in die ukrainische Zwangsarbeiterin Maria. Nach der Befreiung schmiedete das Paar große Pläne. Doch es wurde jäh getrennt, als Maria von Soldaten der Roten Armee in die Sowjetunion verschleppt wurde.
Cavanna, wieder nach Paris zurückgekehrt, setzte sich mit seinen Erfahrungen der Zwangsarbeit auseinander, indem er für die von einem Verband ehemaliger NS-Zwangsarbeiter herausgegebene Zeitschrift Les déportés du travail politische Karikaturen erstellte. Daraufhin beschloss er, als Zeichner und Journalist zu arbeiten. 1960 war er Mitbegründer der Satire-Zeitschrift Hara-Kiri mit, 1970 folgte die Gründung der Zeitschrift Charlie Hebdo. Außerdem erstellte Cavanna zahlreiche Romane mit und ohne autobiografischen Bezügen, Essays und Übersetzungen.
Seine Liebe zu Maria stand im Mittelpunkt von "Les Russkoffs", seinem zweiten autobiografischen Roman. Der Band erschien 1981 als "Das Lied der Baba" in der Bundesrepublik und 1988 in der DDR.
Unter der Überschrift „Adieu, Baumschulenweg“ schrieb er über den Grund für seine Bescheidenheit: „Mir wiederfuhr, wie im Jahre 1945 beinahe allen Menschen, die brutale Einsicht in die wahrhaftige Existenz von Todeslagern, in die organisierte Massenvernichtung und das ließ mich bescheidener werden, wenn es darum ging, über mein eigenes „Leid“ zu sprechen. In Anbetracht solcher Dinge bleibt uns kleinen Zwangsarbeitern nichts anderes übrig, als einfach nur unsere Klappe zu halten. Und so halte ich es bis heute“.