Erzwungene Untätigkeit der Offiziere

Die Wehrmacht brachte die italienischen Offiziere getrennt von den Soldaten in Offizierslagern (Oflag) oder in eigenen Abteilungen der Mannschaftsstammlager (Stalag) unter. Sie wurden vor allem in den besetzten Gebieten Polens gefangen gehalten. Mit dem Vorrücken der Roten Armee nach Westen transportierte man sie ab 1944 ins Deutsche Reich.
Die italienischen Offiziere wurden ebenfalls zu Militärinternierten erklärt.
Doch hielt man sich an das Kriegsvölkerrecht: Bis Anfang 1945 waren sie von der Zwangsarbeit ausgenommen. Einige meldeten sich freiwillig zur Arbeit, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Die meisten Offiziere litten unter der Gewalt der Wachmannschaften und dem eintönigen Tagesablauf im Lager. Um sich zu beschäftigen, organisierten sie kulturelle Aktivitäten und Bildungsveranstaltungen. Dies half ihnen, ihre Selbstachtung zu wahren.

"... und als wir in Kolonne durch irgendwelche Straßen Deutschlands marschierten, waren da Leute, die uns ins Gesicht gespuckt haben."
Michele Montagano, 2006

Alltag der Offiziere

Die italienischen Offiziere boten Gegenstände oder Dienstleistungen zum Tausch gegen Lebensmittel an. Zettel mit Angeboten hängten sie an zentralen Treffpunkten des Lagers auf. Der internierte Offizier Giovannino Guareschi, nach 1945 Autor der Bücher über „Don Camillo und Peppone“, bewahrte einige der Zettel aus Sandbostel auf.

 

 

 

 

 

 

Um die knappen Brotrationen gerecht zu verteilen, wogen die Offiziere sie auf einer selbst angefertigten Waage ab. Insgesamt war die Versorgungslage der Offiziere etwas besser als die der Soldaten.

Aus der Ausstellung

„Radio Caterina“

In Sandbostel gelang es einer Gruppe technisch versierter Offiziere, heimlich ein Radio zu bauen. Dafür organisierten sie Münzen, Teer von den Barackendächern und Blech von Konservenbüchsen. Mit dem Empfänger hörten sie unter Lebensgefahr Nachrichten von Radio London über den Kriegsverlauf. Danach zerlegten sie das Gerät in seine Einzelteile und versteckten diese. Don Grigoletto verbarg bei Razzien zwei Mal Bauteile des Radios unter seiner Soutane.

 

Michele Montagano

*1921

 

Michele Montagano lehnte während seiner Gefangenschaft mehrere Kollaborationsangebote von deutscher und italienischer Seite ab. Den Arbeitseinsatz für Offiziere ab 1945 verweigerte er trotz vorgehaltener Waffe.

Der Jura-Student wurde im Februar 1941 zum Militärdienst einberufen. Die Wehrmacht nahm ihn im September 1943 in Italien gefangen. Über mehrere Lager kam er in das Oflag 83 in Wietzendorf. Dort verweigerte er im Februar 1945 zusammen mit 213 weiteren Offizieren den völkerrechtswidrigen Arbeitseinsatz auf dem Fliegerhorst Dedelsdorf. Zur Strafe wies die Gestapo Montagano in das Arbeitserziehungslager Unterlüß ein. Schwerstarbeit und Misshandlungen waren dort an der Tagesordnung. Im April 1945 befreit, kehrte er im August 1945 nach Italien zurück. Bis heute setzt er sich für die italienischen Militärinternierten ein.